5 Tage, 420 Delegierte, 530 Anträge

Mehr Tarifbindung, die Transformation gestalten, sichere Arbeitsplätze und starke Mitbestimmung. Das ist ein Ausschnitt der Themen, die auf dem 25. ordentlichen Gewerkschaftstag diskutiert wurden.

Der Gewerkschaftstag, dieses Jahr in Frankfurt am Main, legt die politische Ausrichtung der IG Metall für die nächsten vier Jahre fest und der Vorstand wird gewählt. So kurz und knapp könnte man den Gewerkschaftstag beschreiben, aber dahinter steckt mehr. Breite und kontroverse Diskussionen, das Ringen um Mehrheiten und Solidarität.

Christiane Benner wurde mit 96 % als Vorsitzende gewählt. Gemeinsam mit ihr an der Spitze steht als zweiter Vorsitzender Jürgen Kerner, Nadine Boguslawski, Hans-Jürgen Urban und Ralf Reinstädtler. Sie haben die Aufgabe die IG Metall über die kommenden vier Jahre zu leiten und dafür zu sorgen, dass die Beschlüsse umgesetzt werden.

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Claudia Peter, 1. Bevollmächtigte der IG Metall Gaggenau und für den Gewerkschaftstag Mitglied in der Antragsberatungskommission:
Was war für dich ein wegweisender Moment auf dem Gewerkschaftstag? Was hat den Gewerkschaftstag geprägt?

Natürlich ist da erst mal das Negativergebnis der Abstimmung zur betrieblichen Altersversorgung und dem Sozialpartnermodell. Ich bedaure sehr, dass die Mehrheit sich dafür ausgesprochen hat, dass eine gute Idee und viel Vorarbeit nun einfach sprichwörtlich in die Tonne gehauen wird. Auch alle anderen Bezirke hätten in den letzten Jahren Ideen einbringen können. Aber es gab nur ein DAGEGEN. Außerdem hatte ich eine Stellungnahme der neuen Vorsitzenden dazu erwartet. Schließlich hat Baden-Württemberg das alles die letzten Jahre nicht ohne die Zustimmung des Vorstandes gemacht.

Ich will aber auch auf gute und schöne Momente schauen. Z.B. dass die von uns aus Gaggenau eingebrachten Anträge angenommen wurde. In Sachen DGB Rechtsschutz, Berufsbildung oder auch Hürden zur Listenwahl haben wir wichtige Anregungen für den Blick nach vorne geliefert.

Dann fand ich meine Mit-Delegierten super. Sie waren immer fit dabei – egal, wie lang der Vorabend war. Klasse! In Richtung der drei: ihr ward eine echt gute Wahl!

Was mir persönlich außerdem sehr gut gefallen hat: ich habe als Älteste im Kreis der Antragsberatungskommission die Jugendanträge vorgestellt – hat Spaß gemacht. Und hoffentlich funktioniert das: überproportionale Erhöhung der Ausbildungsvergütung. Der Gewerkschaftstag fasst Beschlüsse. Es wird auf uns in den Betrieben ankommen, sie in Handeln umzusetzen.

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Gabriela Neher, Betriebsrätin im Mercedes-Benz Werk Rastatt:
Du bist Betriebsrätin von Mercedes-Benz in Rastatt im Aufsichtsrat. Welche Diskussionen auf dem Gewerkschaftstag nimmst du mit in deinen Betrieb?

In Bezug auf meine Rolle als Betriebsrätin und Aufsichtsrätin gab es zahlreiche Diskussionen, aber einige Anträge waren für meine Tätigkeit von besonderer Bedeutung.
Mercedes-Benz befindet sich derzeit in einem umfassenden Wandel hin zur Elektromobilität und setzt sich aktiv für den Schutz der Umwelt ein. In den letzten Tagen haben wir eine Reihe von wegweisenden Anträgen zu diesen Themen verabschiedet.

Zwei besonders wichtige Anträge, die meine volle Aufmerksamkeit verdienen, betreffen die Gestaltung der „Energie- und Mobilitätswende“ sowie „Den Wandel der Automobilindustrie sozial gestalten“. Diese Anträge haben unmittelbare Auswirkungen auf Mercedes-Benz und haben das Ziel, ein umfassendes Mobilitätskonzept zu entwickeln und den Wandel der Automobilindustrie, den Ausbau der Ladeinfrastruktur für sowohl PKW als auch LKW zu beschleunigen und die Elektromobilität verstärkt zu fördern. Diese Forderungen sind von herausragender Bedeutung und werden von Mercedes-Benz mit großem Engagement unterstützt.

Auch die Belange der Jugend liegen mir nach wie vor sehr am Herzen. Unsere IG Metall Jugend hat einige bedeutende Anträge eingebracht, bei denen die Ausbildung und Qualifizierung für die Zukunft eine herausragende Rolle spielen. Wir stehen vor einem Generationenwechsel, und der Fachkräftemangel bereitet uns ernsthafte Sorgen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir die geeigneten Schritte unternehmen. Die Sicherung von Ausbildungsplätzen ist ein zentraler Schlüssel zur Gewährleistung einer angemessenen Fachkräftesituation. Dies betrifft nicht nur die quantitative Steigerung der Ausbildungsplätze, sondern auch die Gewährleistung, dass sämtliche ausgeschriebene Ausbildungsstellen besetzt werden. Es ist von essentieller Bedeutung, die Ausbildung zu stärken, um diesem Ziel gerecht zu werden.

Während des Gewerkschaftstags wurde mir erneut klar, wie entscheidend die enge Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsräten, Betriebsräten und der IG Metall ist, um die Interessen und Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer effektiv zu vertreten und durchzusetzen. Diese kooperative Partnerschaft ist von großer Bedeutung und wird weiterhin unseren Einsatz für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stärken.

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Mario Boh, Betriebsrat im Daimler Truck Werk Gaggenau:
Was nimmst du vom Gewerkschaftstag mit? Was sind die großen Themen für die nächsten vier Jahre?

Der 25. ordentliche Gewerkschaftstag war sehr anstrengend, sehr lang, aber auch sehr interessant.
Mit der Wahl von Christiane Benner zur 1. Vorsitzenden hat die IG Metall ein Zeichen gesetzt und das erste Mal eine Frau an die Spitze gewählt.

Über 500 Anträge wurden in den letzten Tagen von den Delegierten der einzelnen Bezirke bearbeitet und darüber abgestimmt.
Sicherlich werden uns in den nächsten Jahren verstärkt die Themen Frieden, Mitgliederbonus und Stärkung der Vertrauensleute-Arbeit beschäftigen. Darüber wurde viel und intensiv diskutiert.

Sehr schade war, dass das Sozialpartnermodell zur Betrieblichen Altersvorsorge abgelehnt wurde. Hier waren wir als Baden-Württemberg schon sehr weit in dem Thema vorangeschritten, nach der Bestätigung des letzten Gewerkschaftstags vor vier Jahren. Sehr schade, wenn aus Nichtwissen oder Dogmatismus oder anderen nicht nachvollziehbaren Gründen so ein wichtiges und notwendiges Thema abgelehnt wird und dadurch jahrelange Arbeit und harte Diskussionen der Beteiligten zu Nichte gemacht werden. Aber auch das ist Demokratie.

Aufstehen, Krönchen richten und weitermachen, denn eins hat der Gewerkschaftstag auch gezeigt: wir stehen als Gewerkschafter zusammen und gerade in Baden-Württemberg hatten wir tolle Delegierte mit guten Beiträgen, die uns als Organisation stärken.

Fazit: Harte Woche, lange Sitzungstage, tolle Abende und zum größten Teil tolle Beschlüsse.
Ganz nach dem diesjährigen Motto: „Zeit für Zukunft“

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Denis Davidovac, Betriebsrat im Daimler Truck Werk Gaggenau:
Du hast auf dem Gewerkschaftstag für die Jugend gesprochen. „Jetzt ist Zeit für Zukunft!“ waren deine Schlussworte deiner Rede. Was muss sich ändern, wofür müssen wir kämpfen?

Gute Frage, wir haben da nicht nur einen Stellhebel, den wir bewegen müssen. Wichtig ist es, jetzt die Energie und die Ressourcen in die Jugendarbeit zu stecken, junge Menschen für die IG Metall zu begeistern und sie als Aktive zu gewinnen. Das geht nur, wenn man sich ausreichend Zeit für die Jugend nehmen kann und die Probleme ihrer Generation versteht.

Außerdem bin ich überzeugt davon, dass der Einfluss der Jugend wachsen muss. In ein paar Jahren werden die „Silberrücken“ aus ihren Ämtern ausscheiden, ein Generationenwechsel steht an. Wir müssen jetzt schon damit beginnen, neue Menschen strategisch an diese Ämter heranzuführen. Das heißt aber auch, junge Menschen in die zentralen Ämter der IG Metall zu bringen. Wir müssen gemeinsam nach Lösungen suchen und neue Ansätze und Ideen mit großem Erfahrungsschatz kombinieren, das ist für mich der Schlüssel zum Erfolg.